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Andreas MĂĽller - 19.01.06
Musensaal Mannheim 

Kulturkritik - 2000 Zeichen
foto von www.swr3.de 

 

 

Was macht einen Andreas Müller so besonders? Der Name sicher nicht, sonst wäre Lieschen Schmidt von nebenan auch schon längst ein Star. Weil er ein Radiomoderator ist? Das schon eher, obwohl es auch viele unbekannte Kollegen in diesem Metier gibt. Das er Stimmen von Prominenten parodiert? Volltreffer, wenngleich der Titel „Comedy-Star“ auf der Eintrittskarte etwas zu hoch gegriffen scheint. Er will doch lieber keiner sein.
Seine schier unglaubliche Schnelligkeit die Charaktere und Stimmen zu wechseln und dabei den Text nicht zu vergessen begeisterte zahlreiche Anhänger beim Gastspiel im Mannheimer Musensaal. Er nimmt sich hierzu wohl Johann Lafer zum Vorbild, „der ja so schnell schwätzt damit das Essen nicht kalt wird“.
Sei es der gute Helmut aus Oggersheim, der unserer „Bundes-Angie“ eine Ballade singt, als Grönemeyer der mit „Gib mir mein Hartz zurück“ genauso wie unser Gerhard („Ich will Spass ich geb Gas“) Aktualität beweist, Andreas Müller hat sie einfach alle parat. Udo Lindenberg hängt gelassen am Flügel von Red Bull („Keine Panik“) und Boris Becker („Ich bin ja schon längst abgesetzt“) darf noch einmal Wladimir Klitschko interviewen. Als fulminante „One Man Show“ mit instrumentalen Einlagen kommt sein aktuelles Programm „schgommgleisch“ daher. Er kann nicht nur imitieren, sondern auch auf Gitarre und Klavier überzeugen.
Es gibt ein ‚Wiederhören’ mit den Lallas, dem sächsischen Bürgerbüro und in einem Telefonat mit zwei Fußball-Promis. Schade dass so manche Grimasse nicht bis zur letzten Reihe sichtbar ist, denn nicht nur sprachlich und stimmlich gibt er sein Bestes. Aber auch versteckte Kalauer hat er in seinen aktuellen „Nachrichten“ parat und zwei Saalgäste lässt er gekonnt bei einer Bauchrednereinlage als Angela und Gerhard die Rollen tauschen. Als spektakulären Schlusspunkt lässt er alle noch mal im Schnelldurchlauf aufleben, bevor sich das Publikum beim Originaltonmitschnitt eines gewissen Herrn S. aus Bayern vor Lachen die Bäuche hält und Tränen lacht. (ch)

 

 


Xavier Naidoo - 25.02.06
SAP Arena Mannheim

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von Michael Schuster

 

 

„Bist Du am Leben interessiert?“, fragt uns der Sohn Mannheims bereits auf seinen Tourplakaten. Mal ehrlich, würden wir sonst heute „zum Xavier“ pilgern? Mit den Zeilen „Bist Du aufgewacht?“ will er uns wach rütteln und für zweieinhalb Stunden auf seine Gedanken einzustimmen – aber das braucht er gar nicht: die Menge ist hellwach. Der „Monnemer Bu’“ führt mit „Wo willst Du hin?“ die Reise weiter, als wollte er sich selbst davon abhalten die Flucht zu ergreifen um erst einmal den Anblick von 11.500 Fans zu verarbeiten. Aber keine Chance - er stellt sich dem Leben und als über ein „weniger schönes Thema“ singt entschuldigt er sich fast dafür. Sollte er gar von sich selbst erstaunt sein, welche Zeilen er dichtet? Statt langen Ansagen stellt er lieber seine Mitmusiker vor und zollt seinen musikalischen Gästen mit deren Titeln Tribut.
Hierbei konnte vor allem Christian „Chako“ Habekost als Rapper („Du bisch eleggdrisch“) oder als perfekt amerikanisch-monnemerischer Reverend die Lacher auf seine Seite bringen. Bintia stellte sich mit ihrem Song „Tage und Stunden“ im Duett mit Xavier vor und wurde mit viel Applaus bedacht, bevor Scratch, die menschliche Soundmaschine aus Philadelphia durch vielseitige Klänge aus seinem Mund auch die letzten Skeptiker des HipHops begeisterte. Das brachte Farbe ins Spiel, wenngleich nicht alle Zuhörer von den Rapeinlagen von Jonesmann & Danny Fresh begeistert waren. Da kamen die 11 Bandmusiker weit besser an - sie servierten eine powervolle Mischung und verliehen vor allem den getrageneren Stücken mehr Schwung.
Die Songs aus den frühen Tagen lebten durch ausgewogene Live-Arrangements und brachten beste Stimmung in die Halle („20.000 Meilen“) – nicht zuletzt auch wegen der besonderen Livepräsenz seiner Stimme. Dass hingegen die Männer im Publikum eher seltener ihre Gefühle zum Ausdruck bringen, zeigte die zurückhaltende Intonation der Zeilen „Ich kenne nichts, dass so schön ist wie Du“. Schade, hier hätten die Herren mal Gefühle zeigen können. (ch)

 

 


Depeche Mode - 11.03.06
SAP Arena Mannheim

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von Michael Schuster

 

 

Die Prediger riefen und die JĂĽnger kamen und huldigten Ihnen. So manchen Moment lang hatte man den Eindruck dass fĂĽr die Fans der britischen Popgruppe Depeche Mode nur an diesem Abend das Leben vollkommen zu sein scheint.
Wenn 11.000 Kehlen voller Kraft und Hingabe die Zeilen „Enjoy the silence“ singen ist das ein Gegensatz, aber kein Widerspruch. Ebenso wie die stetige Einblendung von Schlagwörtern wie Love, Sex, Pain und Suffer. Wie könnte Liebe, Sexualität, Schmerz und Leid besser verkörpert werden als von Dave Gahan selbst? Jede Geste, jeder Hüftschwung des exzentrischen Sängers wird frenetisch bejubelt. Jede Zeile ausgelebt, herausgeschrieen und herausgeschwitzt. Gahan singt mit der Meute und die Halle bebt. I feel you. Ja Dave, wir fühlen es auch.
Die Gitarre rotzt dreckig, das Schlagzeug drückt und scheppert, die Keyboards wummern und surren - der Sound in der Halle ist dank der speziellen Soundkreationen der Engländer bombastisch. Verstärkt durch zwei Gastmusiker präsentierte die mittlerweile auf ein Trio geschrumpfte Band auf einer schwarzen Bühne mit raumschiffartigen Hightechelementen ihr neuestes Album „Playing the Angel“. Und wer sich stets über diesen Titel wunderte bekam heute eine Antwort: Gitarrist Martin Gore erschien mit Perücke, Federflügeln und -strümpfen und spielte in seiner ganz eigenen Art den schwarzen Engel. Fast könnte man meinen nur das wäre der Grund dafür. Sowieso war Schwarz heute angesagt, nicht nur auf der Bühne.
Bei der Inszenierung der Show überwogen große schwarz-weiße Bilder der Musiker neben verzerrten Videosequenzen und bunten Lichtkegeln, sehr zur Freude der Fans in den letzten Reihen. Die neuen Songs wurden ebenso begeistert aufgenommen wie die Klassiker der Band aus den 80ern / 90ern. Der Abend wurde mit „Goodnight Lovers“ gefühlvoll beendet und die Fans zeigten sich mit dem nächtlichen Schneefall versöhnlich. Schwarz-weiße Gegensätze. Ein schöneres Stimmungsbild hätte man sich nicht wünschen können. We just can’t get enough. (ch)

 

 


BAP - 22.03.06
Rosengarten Mannheim

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von www.bap.de

 

 

BAP iss wieder da - sind's schon wirklich 30 Jahre her als die Kölner Formation den Kneipen der Südstadt entwuchs um Deutschland Kölsch beizubringen? Verdamp lang her, Mann.
Der Chef as himself Herr W.N. zeigt an diesem Abend keinerlei Abnutzungserscheinungen und rockt und singt wie eh und je - und es scheint ihm mehr Spaß denn je zu machen. Mit der neuen nur noch auf 5 Mann 'zusammengeschrumpften' Erfolgstruppe zeigen die Herren in neuen und ungehörten Arrangements was in den letzten dreißig Jahren passiert, Erfolge gefeiert oder auch in Vergessenheit geraten ist. ‚Greatest Hits’ nennt man das im Musikbusiness – BAP macht daraus lapidar dem Anlass entsprechend „dreimal zehn Jahre“.
Die Songs kommen druckvoll und ehrgeizig daher und begeistern die Fans von der ersten bis zur letzten Minute. Selbst die verspielten und typisch 80er-Songs wie ‚Time is cash’ wurden entrümpelt und zeigen nun ihr wahres Groove-Gesicht. Viele kennen das neue „Best of“-Album gar nicht, aber wieso auch, die Songs und die Texte sind immer noch die alten und das ist gut so. Und dass die jeder textsicher kennt begeistert auch Herrn W.N. in Mannheim immer wieder aufs Neue. Die Gäste auf der Doppel-CD kommen aus der ersten deutschen Rockliga und es wäre ja wirklich mit dem Teufel zugegangen, wenn Mannheim’s Laith Al-Deen nicht zu "Kristallnaach" als Gastsänger die Bühne betreten hätte. Mit eignem Stil und Respekt bringt er sich in die Wunderdeutschlands-Hymne ein - ja heute Abend "sinn mir widder wer", egal ob in Köln oder hier.
Die fast dreistündige Show zeigt viele Facetten der Band: da übernimmt auch mal eben Helmut Krumminga den Gesangspart von Ray Davies, welcher beim eingängigen ‚Hollywood Boulevard’ auf CD zu hören ist. Hier sind ebenbürtige Handwerker zu Gange und eben auch Jungs die einfach immer noch Spaß haben voller Hingabe ihre Songs zu rocken – heute hier und morgen in der ‚nähxten Stadt’. Es steckt an zuzuhören, mitzusingen und sich bis zur bedingungslosen Begeisterung mitzubewegen. (ch)
 

 

 


Schwab und Froboess- 18.09.06
Konzertsaal im Pfalzbau Ludwigshafen

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von www.melosmusik.de

 

 

Die Bibliotheken des Landes luden zur Eröffnungsveranstaltung der 3. Bibliothekstage Rheinland-Pfalz in den Konzertsaal im Pfalzbau ein und präsentieren 'Liederliches' mit Ludwigshafens Sohn Sigi Schwab und der Berliner Schauspielerin Cornelia Froboess.
Das zweiwöchige Programm bietet dieses Jahr landesweit etwa 400 Veranstaltungen in 200 Städten; vornehmlich Autorenlesungen, Vorträge, Kleinkunst und Musik. Überaus feinfühlig streuen sich heute die Klänge von Sigi Schwab in den literarisch-musikalischen Dialog ein - ganz so als wolle er das gesamte Spektrum seines Könnens dem aktuellsten Thema überhaupt - der Liebe widmen.
So liest sich auch das Programm: es zieht sich von ‚heiĂźen KĂĽssen’ Gerhard RĂĽhm’s, ĂĽber eine ‚Moritat vom tätowierten Mädchen’ Konrad Bayer’s und der Tragödie Rene Schickele’s zur ‚sachliche Romanze’  von Erich Kästner bis zur Hommage an Bertolt Brecht und seinen ‚Gedichten ĂĽber die Liebe’. Ungemein leichte Arrangements von Leonard Cohen’s und Nick Cave-Songs wechseln sich mit den Kompositionen Schwabs ab, welche sich nahtlos in die Worte einfĂĽgen und stimmungsmäßig auch mal in konträre Richtung entfĂĽhren ohne auch nur ansatzweise den Faden zu verlieren. Die Klänge entwickeln sich so kraftvoll, intensiv und viels(a)itig aus der Gitarre die währenddessen mit Schwab zu verschmelzen scheint.
Gelesenes wird sanft umspielt, gesungenes wird von Cornelia Froboess so intensiviert und gelebt dass es berauscht. Gedanken, Gedichte leben und schweben durch den Raum, die Gefühle ändern sich fortwährend und wandeln auf leisen und auf fühlbar festen Sohlen. Gewesenes und Gelungenes wird aufgefangen und in feinste Gitarrentöne gewickelt, die plötzlich in gewaltige Stürme voller Inbrunst erbeben. Die Zwei wandeln in Balladen gepaart mit Pop-, Jazz- oder Bluesmelodien. Sie spannen den Bogen weit, dehnen ihn mit respektvollem Stil und persönlicher Note - und voller Leidenschaft. Ein wunderbar stimmungsvoller und kurzweiliger Abend mit zwei großen Künstlern. Bravorös. (ch)

 

 


Bharati - 01.10.06
Festhalle Frankfurt

Kulturkritik - 2000 Zeichen
foto von www.bharati.de

 

 

‚Das größte Bühnenspektakel der Gegenwart mit 100 Tänzern und 1000 Kostümen’ - soweit die Zahlen und die Presseankündigung. Was muss denn dazu noch aufgeboten werden um das größte Spektakel zu inszenieren?
Sicherlich, die Bühne ist riesig und es stellt sich als günstig heraus etwas weiter hinten zu sitzen, denn die bunten Farben springen förmlich ins Auge und sind für europäische Verhältnisse überschwänglich arrangiert. Traditionell farbenfroh ist Indien bekannterweise, auch wenn die klassische Vorstellung eher ins rote und orangefarbene geht, so wie der Bindi-Punkt auf der Stirn, der den Zuschauern selbst ein Gefühl davon vermitteln soll wie es ist, sich farbenprächtig zu kleiden und sich beschützt zu fühlen.
Diese Elemente aus Tradition und Moderne bilden jedoch keine Symbiose, sondern werden vielmehr zu einer sehr kommerziellen Aufführung gebündelt. Das Metrum in der ersten Hälfte bleibt stets gleich, die Bässe und Keyboardsounds dröhnen und kleistern feinere Töne akustischer Instrumente oder die durchaus reizvollen Gesänge der leider nur am Rande platzierten Solisten, welche sich ausschließlich in hoher Tonlage bewegen, regelrecht zu. Die Tanzdarbietungen sind effektvoll choreographiert, aber in einem solchen Up-Tempo dass sie nur als Gesamteindruck wahrgenommen werden können.
Die Geschichte wird teilweise auf Deutsch erzählt und zeigt den industriell geprägten Siddharta in Konfrontation mit dem alten Mythos als er sich in Bharati, der bereits zur Heirat versprochenen Adoptivtochter des Dom Raja verliebt, was sich jedoch in überfrachteten Poparrangements mitsamt angedeuteter Lovestory zu einseitig darbietet. Der zweite Teil zeigt unentbehrlich ruhigere Kostbarkeiten die das Gesamttempo nur kurzzeitig verringern können – schon rauschen wir mit Stoffschleiern und Tänzerinnen dem Finale entgegen.
Bharati - ein Beispiel wie man heutzutage versucht Folklore und Tradition kommerzwirksam und rasant aufzubereiten um einen halbgefĂĽllten Saal zu begeistern. Erstaunlich. (ch)

 

 


Willy Astor - 02.11.06
Capitol Mannheim

Kulturkritik - 2000 Zeichen
foto von www.willyastor.de

 

 

Willy Astor, der Sohn der bayrischen Hauptstadt sucht gleich zu Beginn die Nähe zu den Gästen und ergattert durch sein Interesse respektvoll deren Herkunft samt Berufe um diese dann später in seinen intelligenten Wortverdrehungen und -deutungen unerwartet als Krimi einzubauen.
Die Entspanntheit die der 45jährige Wortakrobat im Capitol an den Tag legt lässt die Zuhörer staunen: 160 Filmtitel werden in 5 Minuten zu einem furiosem Intermezzo verpackt, genauso wie etliche Dichter und Denker oder die Zubehörteile eines Kfzs samt Automarken, wobei die Kuh Plung neben dem Hund Heizung (welcher den logischen Befehl "Sitz! Heizung" erhält) die Geschichte von Romeo & ‚Alfa’ zum Riesenlacher macht.
Die Sprache ist Astors Schatz und bei der Vielfalt an silbigen Klangveränderungen muss man schon aufmerksam zuhören um nichts zu verpassen. Neben literarischer Lesung gibt es eine "Singung" wobei der chartverdächtige HipHop-"Fasermacker" zu Beginn des zweiten Teils die Überraschung schlechthin ist. Eine ungereimte Geschichte durch eine Silbenverschiebung zu einem exzellenten Reim zu machen, welches gleichschwer zu merken, geschweige denn auszusprechen ist, macht Astor mit Leichtigkeit.
Dass er vor den Jüngern Mannheims zum ersten Mal vor ausverkaufter Kulisse gastiert freut ihn so diebisch, dass er am liebsten einen Skandal veranstalten würde und vor lauter Begeisterung des dialektisch-bunt gemischten Publikums gar nicht mehr von der Bühne will - der Zugabenteil wird länger als die zweite Hälfte des Konzerts. Er kostet Begriffe wie "Monnemerisch" (und dichtet französisch anmutend gleich ein Liebesschwur dazu) oder "Roihesse" die ihm ein "Wo(a)rms" Bett im Hotel parat halten förmlich aus - "Gestatten, mein Name ist Siegfried und ich spreche bayerisch und mein Freund Roy hessisch".
Er zeigt sich in Sachen Wortwitz als Hans Dampf in allen Gassen bevor der Abend mit der nachdenklichen Ballade "Diamant" und dem begnadet gespielten sowie dicht atmosphärischen Gitarrenstück "Nautilus" endet. (ch)

 

 


PUR - 21.11.06
SAP Arena Mannheim

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von www.pur.de

 

 

Es ist wie es ist. So singen PUR auf Ihrer neuen CD, welche sie in der knapp zu Dreivierteln gefüllten SAP-Arena vorstellten. Zuhören, aber auch nachdenken ist die Devise bei den vielen neuen Songs – oder liegt es daran, dass die Fangemeinde die Texte der neuen CD noch nicht auswendig mitsingen kann, obwohl diese durchaus pur-typisch ins Ohr gehen?
25 Jahre gibt es die Herren PUR schon, was Ihnen mittlerweile auf der Bühne auch anzumerken ist: Wo sind die Indianer-Federn samt Mitmachtänze geblieben? Oder die freudige Begeisterung von Hartmut Engler, wenn er auf die Menge blickt? Dennoch beglückt die mittlerweile achtköpfige Band Ihre Anhänger zweieinhalb Stunden lang mit vielen alten Stücken, sogar teils als Medley und führt selbst vor, wie einheitlich doch manche Singles gestrickt sind, denn sie passen ganz prima wie ein Song zusammen. Interessanterweise wurden die zwei Rundbühnen in der Hallenmitte zeitweise mit einer Brücke verbunden, um das „German Pops String Quintett“, welches so manches Stück "veredelte", aber leider klangtechnisch mit dem guten Sound der Band nicht mithalten konnte, in die Bühnenshow mit einzubeziehen. Perfekte Sicht auf allen Plätzen gab es dank der Leinwände, welche die Live-Bilder der sieben Kameras zeigten. Den Konzertbesuchern ganz nah und mit Ihnen verbunden zu sein, das gelang den Familienvätern aus Bietigheim dadurch genauso leicht wie mit den verteilten Leuchtarmbändern - auch wenn diese in der weiten Halle kaum einen sichtbaren Effekt hatten. Ein schöner Abend mit eingängiger Popmusik zum Mitsingen, die "aus der Seele spricht" und doch immer wieder zeigt wie einfach das Leben doch sein kann, wenn wir miteinander und füreinander leben. Dies bewirkt beim Überraschungsgast Rüdi, welcher am Down-Syndrom erkrankt ist und der den Text von „keiner rockt wie er das tut“ so leidenschaftlich herausruft wie wohl sonst keiner, dass auch beim letzten Zweifler der Knoten platzt. Familienunterhaltung as it’s best: PUR - purer geht's einfach nicht. (ch)

 

 


Klaus Lage - 23.11.06
Frankfurter Hof Mainz

Konzertkritik - 2000 Zeichen
foto von www.scala-kuenstler.de

 

 

"Und es hat Zoom gemacht...", erinnern Sie sich? Wann war es doch gleich? 1984 in den deutschen Charts oder 2006 im Frankfurter Hof? Ganz klar - beide Male.
Klaus Lage, mittlerweile auch schon zum deutschen Urgestein der Musiklandschaft zählend, belehrte die Kritiker eines besseren und macht geruhsam das was er am besten kann: deutsche Texte mit Augenzwingern schreiben und sie leidenschaftlich rau ausleben. Mit dem langjährigen Weggefährten Bo Heart am Klavier und Lothar Atwell, welcher am Tenorsaxophon die gesetzte Vitalität und wunderbar sonore Stimmung eines Mitfünfzigers bestens widerspiegelt, bewiest er wieder einmal dass ein überwiegend akustischer und stimmungsvoller Abend nicht nur mit großen Hits funktioniert - aber sie können dabei helfen. Das jedoch noch viel mehr Potenzial in einem solchen Künstler steckt bekommen nur die mit, die sich auch für mehr interessieren – und es waren viele im fast ausverkauften Saal, die dieser Leidenschaft zuhörten. „Zug um Zug“, so der Titel der neuen Tour und CD, kommt man dem näher was Ihn seit den Kneipenauftritten in den 70ern beschäftigt: „jeder träumt vom Ziel seiner Reise, schnell und laut oder langsam und leise.“ Sei es bei den ersten Küssen mit 17 und wie es wäre statt 50 wieder 49 zu sein. "Der Weg ist lang und der Aufstieg schwer, seit ich auf diesem Weg kam, ist schon so lange her...". Unverhohlen widmet er sich mit "Was wenn Gott ein Berber wär?“ der heutigen Zeit und zeigt mit "Ich möchte" dass Sehnsüchtigkeit so oft von den eigenen Gedanken beendet wird. Die Stimmung ist düster, die Luft schwer, der Atem haucht und die Gitarre schlürft daher und enthüllt die Umtriebigkeit seines 'Herrn' - ein moderner Wanderer durch das Leben.
Lage's Texte leben von der Wahrheit des Lebens, dem Lebensgefühl gepaart mit Melancholie und Sehnsucht und dem Bewusstsein zur eigenen Standortbestimmung: seit Jahren 50, sich allzu gerne den Genüssen der Kochkunst hingebend und erzählend auf dem Sofa bei einem Glas Wein. Auf dich, Klaus! (ch)

 

 


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